Was hat es mit Echt sein und Authentizität im psychologischen Sinne auf sich? Der Psychologe Carl Rogers hat uns gezeigt, dass wir am meisten wir selbst sind, wenn wir in guten Beziehungen mit anderen Menschen leben.
Inhalt:
1.1. Authentisch leben
2. Lebensentscheidungen vertreten
2.1. Gefühlsspannungen
2.2. Herzensstimme gut wahrnehmen
1. Echt sein - Authentizität psychologisch
Der bekannte Psychologe Carl Rogers hat gelehrt, dass wir am meisten wir selbst sind, wenn wir in guten Beziehungen mit anderen Menschen leben. Dies soll als fortwährender Prozess zu verstehen sein, denn Authentizität ist ein Balanceakt zwischen unseren eigenen Bedürfnissen und den Anforderungen unserer Gemeinschaft (Umwelt).
Ich denke dass ist so, weil wir uns in guten Beziehungen gleichwertig fühlen mit dem anderen. Das ermutigt uns echt zu sein, denn es gibt keinen Grund uns zurück zu halten oder zu verstellen, wenn da jemand ist von dem wir uns ganz angenommen wissen.
Unecht werden wir, wenn unser Selbstwert aus der Balance gerät. Und das passiert, wenn wir uns in irgend einer Weise abgelehnt, gekränkt und nicht mehr gleichwertig empfinden.
Authentizität meint, dass sich jemand über seine eigenen Gefühlen bewusst ist und sie anderen gegenüber ehrlich äussern kann. Diese Fähigkeit nennt man auch kongruent sein, unser Inneres ist deckungsgleich mit unserem Äusseren. Wir sagen was wir denken, wir zeigen, was wir fühlen. Das ermöglicht u. a. ein gelingendes, sinnerfülltes Leben. Kongruenz ist sogar etwas, was unsere Natur bestrebt ist möglichst gut zu erreichen.
Authentizität ist auch ein Kern der Positiven Psychologie. Sie ist ein neuer Zweig der sich von der bisherigen (negativen) Psychologie darin unterscheidet, dass sie nicht davon ausgeht, dass es einem Menschen gut geht, wenn er keine Probleme mehr hat, sondern, dass es dem Mensch trotz Problemen gut gehen kann, wenn er einen Sinn, Glück, Stärken und Optimismus, usw. im Leben findet. Überspitzt gesagt, In der Positiven Psychologie konzentriert man sich in erster Linie nicht auf die Konfliktbewältigung (negativ), sondern auf den Lebensbejahenden Sinn (positiv), der mit der individuellen Authentizität des jeweiligen Menschen zusammen hängt.
Es wurde festgestellt, dass wir am ehesten zu einem glücklichen und erfüllten Leben finden, wenn wir es authentisch leben. Viele Menschen die Traumatisches überlebt oder Nahtoderfahrungen hatten (also wenn ihnen bewusst wurde wie kostbar das Leben ist), äussern den Wunsch nach einer Lebensweise, wo sie sich selbst gegenüber treu sein können, so dass ihr Leben mit ihren Werten und Zielen in Einklang kommt – kongruenter wird.
Diese Triebkraft nach Authentizität beschert uns natürlich kein Schadenfreies Leben, aber es erlaubt uns, es mit persönlichem Lebenssinn zu füllen. Ein Leben ganz ohne Leid kann uns nicht an diesen wertvollen Punkt führen, dass wir begreifen, wahrhaftige Verantwortung für unser einziges Leben zu haben. Das kann uns niemand abnehmen. Doch wir müssen uns für diese Erkenntnis nicht erst in ein Leid zwingen, wir können auch von anderen lernen.
Bronnie Ware beschreibt, in ihrem Buch "5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen", durch ihre pflegerische Arbeit am Sterbebett diverser Menschen, was jene Totkranke am meisten bereuten, wenn sie auf ihr Leben zurückschauten. Es sind Einsichten, die unsere Leben verändert könnten. Was zählt am Ende wirklich? Auf diese 5 Punkte kommt es an:
arbeite nie so viel, dass du es bereuen könntest
habe den Mut dir immer treu zu bleiben
traue dich zu deinen Gefühlen zu stehen und sie auszudrücken
halte den Kontakt zu deinen Freunden
gönne dir mehr Freude
Ich ergänze gerne um den 6. Punkt: geh mit Jesus durch dein Leben
1.1. Authentisch leben
Stehts im Einklang mit seinem Inneren zu sein ist gar nicht so einfach. Unsere Werte und Ziele können sich für unser Empfinden laufend ändern, bzw. sie werden uns bewusster oder weniger gewichtig. Ein Karrieremensch könnte sich plötzlich seine Sehnsucht nach Familie eingestehen oder umgekehrt. Wichtig ist das du diese feinen Impulse deines Herzens in deine Entscheidungen einfliessen lässt, doch dazu müsstest du dich zuerst gut kennen, sowie mitteilen können, doch das ist lernbar.
Nicht sich selbst sein können im Leben ist quälend. Aufkommende Gefühle sind in uns meist ein Hilfeschrei nach Authentizität in einem Konflikt. Wir können uns gerade nicht so verhalten wie wir gerne würden, so entsteht ein Konflikt, der sich als Gefühl bemerkbar macht und das ausgelebt werden will.
Unser angeborenes und erworbenes Potenzial will genutzt werden. Unser Charakter, Begabungen und Fähigkeiten machen uns zu dem Menschen der wir sind, dazu dürfen wir stehen. Wir sind unser Original. Wir müssen nicht alles können. Es macht uns glücklich und zufrieden wenn wir einfach das tun worin wir gut sind und der Welt sagen dürfen, wenn es uns zu viel wird.
Auch wenn Authentizität sich natürlicherweise zeigen will, ist sie nicht so leicht zu erfassen. Was sie aber nicht ist, ist deutlicher zu erkennen. Wir spüren meist wenn uns jemand etwas vormacht. Und wir haben uns selbst diverse Strategien und Abwehrmechanismen angeeignet um mit dem inneren Drang nach Echtheit besser umgehen zu können, wenn wir glauben oder gelernt haben, dass in bestimmten Situationen Echtheit geradezu unerwünscht ist, bzw. wir uns benehmen, zusammenreissen sollen. Dann kann unser ungeübtes Verhalten künstlich scheinen. Wir wirken bemüht und man sieht uns vielleicht sogar an, dass wir über jede Geste nachdenken müssen und wie anstrengend das ist. Wir tun dies trotzdem, weil wir letztlich Gemeinschaftswesen sind und das starke Bedürfnis nach Zugehörigkeit haben. So haben wir feine Antennen für Atmosphäre, Stimmung, Sitten und Bräuche und Situationen entwickelt, die Anpassung erfordern. So sind wir manchmal gewillt lieber zugehörig und etwas unecht, als konsequent authentisch und dann alleine oder sogar ausgeschlossen zu sein. Dazugehörigkeit müssen wir manchmal auf Kosten unsere Authentizität leben, wenn wir uns Gemeinschaftskonform verhalten wollen.
Ich kann leider nicht immer wie ich will - das frustriert. Als Kind müssen wir darum mühsam eine Frustrationstoleranz erlernen. Wenn wir zur jeder Zeit allen Gefühlen ungefiltert freien Lauf lassen, müssen wir mit der Konsequenz leben, dass irgendwann keiner mit uns mehr zusammen sein möchte. Menschen die keine Gefühlskontrolle haben, also komplett authentisch sind, sind sogar psychisch krank! Man nennt das eine Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (Emo) o. a. eine Borderline Erkrankung. Also komplette Authentizität ist nicht unbedingt erstrebenswert und kann unsere Zusammenleben und damit unser Wohlbefinden, sogar sehr erschweren. Doch die empathische Authentizität die bewusst Raum bekommt, Anpassungsfähigkeit und Besonnenheit zulässt, ist ein Tribut von Erfolgreichen.
Diesen schmalen Spagat, dieser beiden Bedürfnisse von Authentizität und Zugehörigkeitsgefühl, dürfen wir lernen, wenn wir reife Menschen werden wollen und Verantwortung für uns übernehmen. Wir müssen für uns selbst erwachsen werden, dazu ermutigt unsere Mündigkeit. Das ist unbequem aber gibt uns diese gesunde Würde unseres Menschseins.
2. Lebensentscheidungen vertreten
In jenen Momenten, wenn wir ganz plötzlich spüren, dass da mal was war, etwas von dem wir geträumt hatten, ein Job, ein Haus, ein Traum, eine Vision, oder eine Familie, wir aber mit Dingen beschäftigt sind, mit denen wir gar nie beschäftigt sein wollten, wird uns klar, dass wir eigentlich auch nicht tun müssten, was wir nun tun. Theoretisch können wir uns unser «Müssen» aussuchen, es ist unsere alleinige Entscheidung, wo wir uns zu einem "Müssen" verpflichten.
Diese Klarheit überfällt uns dann wieder, wenn wir merken irgendwie festgefahren zu sein. Entweder wir machen so weiter wie bisher oder wir leiten eine Veränderung ein. Doch viele wissen nicht wie diese Veränderung konkret aussehen soll. Ich weiss nun klar, was ich nicht will, aber deshalb weiss ich noch lange nicht genau was ich will. Dieser Zustand ist unangenehm und unsicher. Man glaubt dann meist, weil man keine konkrete Ziele hat, ist es letztlich besser beim Alten zu bleiben. Nur so ändert sich nie etwas.
Doch um sich selbst treu sein zu können, muss man nicht wissen wohin es zwingend gehen muss. Vielmehr ist wichtig was man tut, denkt und fühlt im jetzigen Augenblick, das ist entscheidend.
Wenn wir wissen was entscheidend ist, können wir uns auch richtig entscheiden. Wenn wir im Jetzt bei uns sind, ergibt sich unser Weg, weil wir beginnen bewusste und vermutlich ehrlichere Entscheidungen zu treffen. Wir dürfen uns unsere tieferen Werte unsere Ziele bewusst machen. Die sind allgegenwärtig. Also: Was ist gerade mein Ziel? Wozu will ich das erreichen? Und wenn ich das habe, was erreiche ich dann? Wer bin ich dann?
Es bringt nichts wenn man sich grosse Lebensträume ausdenkt und sich im Kleinen nicht treu bleiben kann. Das ist dann der Fall, wenn unser Bauchgefühl Nein schreit und wir dem andern trotzdem lächelnd Ja sagen, oder unser Herz sich schwer tut mit etwas und wir uns einreden, dass wir uns einfach nur genug zusammenreissen müssen.
Viele entscheidende Wege unseres Lebens sind meist auf ganz kurze Momente zurückzuführen, Begegnungen oder entscheidende Worte. Es sind diese banalen, unerwarteten Gegebenheiten mit grossen Auswirkungen, die das Leben zeichnen. Wir glauben alles im vornherein wissen zu müssen um die richtigen Entscheidungen für unser Leben fällen zu können, doch das stimmt nicht. Ganz vieles ist «Zufall» oder «Schicksal», für mich ist es Gott. Da sind unzählige Dinge die wir nicht einkalkulieren können. Doch wir können in jedem Augenblick authentisch darauf reagieren, was letztlich eine Entscheidung zu der richtigen Wahl macht. Wenn wir uns so entscheiden, dass wir dazu stehen und später auch noch darauf reagiere können, dann ist es eine gute Entscheidung.
Wir sind immer ein bisschen dazwischen, nie ganz bei uns und nie ganz bei anderen, so sind wir nie ganz echt, aber auch nie völlig angepasst. Wir müssen mit der Tatsache Frieden schliessen das Menschsein immer eine Unschärfe mit sich bringt, da ist immer was verborgen, unsicher, unvorhersehbar, auch vor uns selbst. Es ist uns nicht möglich alles zu erfassen, so ist es uns unmöglich komplett authentisch mit uns selbst zu sein. Wir können Gefühle und Gedanken entwickeln mit denen wir nicht gerechnet haben, die uns selbst überraschen, doch deswegen sind sie nicht weniger unsere persönliche Wahrheit. Stehen wir dazu, dass wir uns selber ab und zu überraschen. Wenn wir nicht zu uns selbst stehen, wieso sollten es andere tun?
2.1. Gefühlsspannungen
Im Alltag müssen wir uns sehr oft verstellen, zusammenreissen, freundlich sein, Privates vom Geschäftlichen trennen, bzw. "Masken" tragen, in Rollen schlüpfen, insbesondere am Arbeitsort. Es gibt viele Sprüche und Zitate, die uns darauf hinweisen wollen, dass Menschen die uns nicht so annehmen können wie wir sind, uns auch nicht verdient hätten und im Grunde unwichtig wären. Das mag ein kurzer Trost sein, doch leider sind Eltern, Lehrer, Prüfer, Vorgesetzte, etc. Personen die wichtig für uns sind, aber von denen wir nicht verlangen können, dass sie unser Verhalten und Leistungsbereitschaft vollumfänglich annehmen. Wenn wir bedenken dass wir grob gesagt 8h schlafen 8h arbeiten und 8h Freizeit in unseren 24h haben, ist das ein grosser Teil unseres Lebens wo wir nicht voll echt und entspannt sein können.
Um gesunde Beziehungen führen zu können muss uns klar sein, dass wir für den anderen mit unserer Art immer Bereicherung, aber auch Zumutung sein können, sowie andere bei uns. In Gemeinschaft ist immer auch der Druck Dazugehören zu wollen und dafür sollten wir möglichst freundlich, sympathisch und ansprechend sein auch zu Leuten, die nicht so zu uns sind. Besonders im Dienstleistungssektor mit Kunden gehört ein tägliches Lächeln dazu, ob man sich nun danach fühlt oder nicht.
Nun manche sagen ja, dass sie auf Zugehörigkeit keinen grossen Wert legen und es ihnen egal sei, was andere denken. Doch es gibt kein Mensch der nicht dazugehören wollen würde. Selbst ein gesunder unabhängiger Einzelgänger zu sein, wird mir nur möglich, wenn ich mich dadurch nicht ausgeschlossen fühle. Einsamkeit macht nun mal jeden krank. Und wenn man im Dienstleistung-Sektor seine Stelle nicht verlieren will, lächelt man halt, obwohl man manchmal weinen möchte.
Wie bereits erwähnt ist diese Fertigkeit der Anpassung eine kluge Überlebensstrategie. Doch das kann ganz schön an der Substanz zerren, so ein unauthentisches Leben. Wenn wir längerfristig Dinge tun, wofür unser Herz nicht schlagen will, erzeugt das eine Innerseelische Spannung (Gefühlsspannung), Stress. Dieser geistig und seelischer Stress kann sich natürlich in körperlichen Symptomen zeigen und erzeugt oft Kompensationsverhalten, womit unsere Sensibilität für uns selbst immer mehr abstumpft. Wir wollen weniger fühlen, was uns unser Herz sagt, damit wir tun können, von dem wir glauben es tun zu müssen. Dazu helfen Laster. Wir haben uns also Über-Lebens-Mittel angeeignet, kleine oder grössere Laster und funktionieren damit sehr gut, aber leben nicht mehr aus dem Vollen. So kommt es, dass mancher von uns, sich berieseln oder berauschen lassen und vom eigentlichen Leben nicht mehr viel mitbekommen, weil sie nur noch von Zigarette zu Zigarette, Abend zu Abend, Wochenende zu Wochenende, oder Urlaub zu Urlaub leben und das dazwischen nur noch irgendwie hinter sich bringen wollen.
Ein weiterer unschöner Effekt «vom Masken tragen» ist, dass wir Masken plötzlich zu unserem Gesicht machen wollen, dann wenn wir Angst haben unsere Fassade jemals wieder abzulegen, weil die Welt scheinbar so viel einfacher damit wurde. Wenn ich nicht zu meinem Unglücklich-sein stehe, muss ich keine anstrengende Lösung suchen und kann alles lassen wie es ist. Wir sind tatsächlich verantwortlich dafür wie wir uns fühlen (für unsere Gefühlsspannungen). Gefühle folgen unserer inneren Einstellungen und Haltungen. Es erfordert Selbstreflexion um glücklich zu sein. Insbesondere braucht es unseren Mut in Form von Demut anzuerkennen, wer wir nun mal sind, wie wir fühlen und was unser Herz braucht. Disziplin und Tatkraft wird nötig wenn wir unsere Verantwortung wahr nehmen und nicht mehr einfach weiter wursteln wollen. Es wird sich leider selten etwas von alleine ändern. Authentizität ermutigt, dass wir wieder voll spüren wollen, was wir fühlen geistig, seelisch und körperlich. Diese Gefühlsspannung zeigen sich gerne in verspannten Muskeln, nervösen Magen, in Unzufriedenheit, überspannten Gedanken und Müdigkeit, usw. Es erfordert eine Portion Achtsamkeit und Offenheit sich selbst bewusst zu sein.
2.2. Herzensstimme gut wahrnehmen
Da wir nun mal geistig, seelisch und körperliche Wesen sind, sind wir auch auf allen drei Ebenen empfindsam. Eine Ebene wirkt sich stehts auf die andere aus. Unser Alltag ist meist sehr kopflastig, so schenken wir unserem Körper vielleicht ein bisschen Aufmerksamkeit in Hygiene, Ernährung und körperlicher Ertüchtigung als Ausgleich. Eine Dusche, oder Spaziergang (körperlich) kann dabei auch unseren Geist lüften oder abkühlen. Aber Vorsicht, Mentale Beschäftigung ersetzt nicht geistige oder seelische Bedürfnisse. Wir müssen uns von Zeit zu Zeit allen Ebenen zuwenden, sowie ein Erwachsener dem (Inneren) Kind. Manchmal muss ich mich mit mir selbst hinhocken und zuhören was den gerade dran ist, sowie ich mit mir, ohne dem Gemecker des Inneren Schweinehundes zu viel Raum zu geben, ins Schwimmbad gehen möchte, um ein wenig Sport zu machen. Beides tue ich, weil ich weiss das es mir gut tut. Ich muss mich um mich selber kümmern, d. h. ich tue auch Dinge auf die ich keine Lust habe. Die fehlende Lust ist dabei genau so authentisch wie der Genuss, wenn ich dann am Schwimmen bin und das wohlige Gefühl danach. Authentisch sein meint, nicht seinen Gefühlen blindlings zu folgen, sondern sie wahr zu nehmen und Verantwortungsbewusst damit um zu gehen.
Viele Menschen die Lebensglück vorweisen können, würden behaupten ihrem Herzen gefolgt zu sein. Nun was ist denn diese Herzensstimme? Der innere Schweinehund ist es nicht, auch nicht die inneren Kritiker, Angst ist ein sehr schlechter Ratgeber, und auch das mentale Gedankengeschnatter ist nicht gemeint. Dr. Bonelli hat dazu mehrere empfehlenswerte Bücher geschrieben z. B. "Bauchgefühle" oder die "Weisheit des Herzens". Er erklärt, dass es vielmehr diese inneren Tugenden sind, die nach etwas Höherem streben, innere Werte, die sich am Guten, Wahren und Schönen orientieren. Das könnten wir in uns hören, wenn wir mal alle anderen Stimmen auf ihre Plätze zurücksetzen.
Ich denke es sind wie diese Träume und Visionen, die so unerreichbar scheinen, sich aber trotzdem immer in uns aufdrängen. Wir erkennen sie an der Sehnsucht. Dieser Kern der die Hoffnung nie aufgibt und naiv genug ist uns immer wieder daran zu erinnern. Wir können Herzenswünsche nämlich nicht vergessen.
Authentizität ist kein Ziel das man einmal erreicht und dann ist es gut. Genauso ist es mit Herzenswünsche. Oft sind diese weitreichender als eine Firma zu gründen oder ein Haus zu bauen und fertig, eher sind es nie endenden Lebensaufgaben, Missionen, Passionen, Leidenschaft ausleben, so wie die lebenslange Aufgabe sich selber treu zu bleiben.
3. Drei Eigenschaften authentischer Menschen
Authentische Menschen kennen sich und ihre Beweggründe. Es gibt drei Eigenschaften die sie auszeichnet, welche sie übrigens mit autoritativen Menschen teilen:
Sie kennen sich selbst (Akzeptanz)
Sie stehen zu sich (Anerkennung)
Sie sind bereit ganz sie selbst zu sein, sich selber treu (Integrität)
Authentische Menschen wissen wer sie selbst sind, was sie mögen, brauchen, können und weniger können, weil sie sich mit sich selbst auseinander gesetzt haben. Sie können ihre Empfindungen und Gedanken von anderen unterscheiden und registrieren wie es gerade um sie herumsteht. Das benötigt Empathie, Offenheit und einen nüchternen Realitätssinn für eine geerdete Selbst- und Fremdwahrnehmung. Sie hören ihr Bauchgefühl und zeigen einen weisen Umgang mit ihren weiteren Gefühlen und treffen Entscheidungen unabhängig der Wünsche anderer. So weit, so ideal.
Zu sich selbst zu stehen ist gar nicht so einfach, denn wir Menschen sind manipulier- und kontrollierbarer als wir gerne hätten. Wenn man sich verinnerlicht hat, das wir alle gleichwertig sind und man einen stabilen Selbstwert hat, muss man andere nicht kleiner machen und sich selbst grösser. Wenn alle um uns herum uns einreden, dass wir dumm sind, ist es sehr schwierig das nicht irgendwann selbst zu glauben. Es ist verständlich sich einem Gruppendruck zu beugen. Um so stärker zeigt sich Authentizität darin es nicht zu tun, das Zugehörigkeitsbedürfnis hier nicht falsch zu verstehen und auf seine eigene Wahrnehmung zu vertrauen.
Echte Menschen sagen mit bestem Wissen und Gewissen die Wahrheit in Ich-Form. "Ich denke..." "Ich fühle..." etc. Verantwortung übernehmen, sich selbst eine Meinung zu bilden und deren Konsequenzen zu tragen zeigt Reife. Sie wissen, dass die Lösung eines anderen nicht unbedingt die eigene Lösung ist. So mancher gut gemeinter Ratschlag ist manchmal für einen selbst mehr ein Schlag, als ein Rat.
Authentizität verleiht Integrität, also wenn die eigenen Werte mit seinem Reden und Handeln übereinstimmen. Ein Mensch wird glaub- und vertrauenswürdig wenn er aufrichtig meint was er sagt. Jemand der nicht integer ist bezeichnen wir auch gerne als Lügner, oder Schleimer. Wir erkennen auch gut wenn uns jemand krampfhaft authentisch etwas verkaufen will. Höflichkeit macht es uns schon schwerer, denn man kann ernsthaft höflich abweisen, aber der andere kann die freundlichen Signale der Höflichkeit auch als kecke Aufforderung zu bleiben verstehen.
Doch in der Regel schätzen wir Authentizität sehr an anderen, aber es fällt uns dennoch schwer es selbst zu sein. Meist sind es die (negativen) Gedanken die wir glauben welche andere haben könnten, wenn wir nun ganz ehrlich werden würden. Diese stimmen vielleicht sogar, aber sehr oft eben auch nicht und wir unterschätzen sehr häufig wie gut andere mit unangenehmeren Mitteilungen umgehen können, wenn diese wirklich ehrlich sind und sich als keine faulen Eier präsentieren. Wir leben in einer Welt von Werbung und Manipulation, wo jeder dir erzählen will, dass er für dein Problem eine kaufbare Lösung hat, von dem du nicht mal wusstest das du eines hast. Ehrlichkeit, Authentizität und Integrität sind ein rares Gut geworden, es ist ein wahres Genschenk, wenn man anderen damit begegnen kann.
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Einen Tag nach dem anderen zu leben,
einen Moment nach dem anderen zu geniessen.
Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren,
sie anzunehmen, wie Jesus es tat:
diese sündige Welt, wie sie ist, und nicht, wie ich sie gern hätte,
zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst,
wenn ich mich Deinem Willen bedingungslos ausliefere,
sodass ich in diesem Leben ziemlich glücklich sein möge
und im nächsten Leben für immer überglücklich.
Amen.
Reinhold Niebur
Wenn eines dieser drei Authentizitäts-Eigenschaften fehlt, führt man kaum ein aufrichtiges Leben. Authentizität hat aus dem griechischen als Wortbedeutung «aus eigener Machtvollkommenheit heraus handeln», ich würde es auch aus eigenem Gewissen nennen. Das eigen Gewissen ergibt sich aus unserem freien Willen und Verantwortungsbewusstsein (V. Frankl). Wobei ich auch anmerken möchte, dass wir weniger Macht besitzen als wir gerne hätten und glauben, aber oft viel weniger tun als wir könnten und sollten.
Für mich ist es die Aufforderung Verantwortung für den Teil meines Lebens zu übernehmen, der mir Gott anvertraut, zutraut, denn ich steuern kann um den Weg zu gehen, denn Gott für mich vorbereitet hat, welcher mit Ereignissen gespickt ist, die ich nicht kontrollieren kann (Schicksal). Denn ich glaube nicht an Zufälle, dafür zeigt sich die Welt und die Natur zu komplex. Ich wünsche mir für mich und andere, dass wir erkennen welche Dinge wir steuern können und müssen und welche nicht, denn wir können nicht alles bewusst steuern. Wir könnten alles "richtig" machen im Leben und an einem plötzlichen Hirnschlag sterben oder uns korrekt im Autoverkehr verhalten und einer fährt in uns hinein und wir werden Querschnittgelähmt. Da ist mehr als nur unsere «eigene Machtvollkommenheit», dass sollten wir in aller Demut anerkennen.
Sich mit sich selbst zu versöhnen und sein Leben in die Hand zu nehmen erfordert viel Mut. Mut bedeutet etwas zu tun wovor man Angst haben oder Scheitern könnte, aber man es trotzdem tut. Authentische Menschen können diese «Risiken» eingehen, weil sie wissen dass sie nicht an (gesellschaftlichen) Wert verliehen werden. Sie fühlen eine innere Sicherheit auch im Unbehagen. Authentizität ist die Kunst stehts ehrlich und trotzdem freundlich zu sein. Es ist kein Freibrief anderen ungefragt unsere Meinung aufzutischen, sondern nur dann wenn es angebracht ist. Es ist auch nicht etwas worauf man stolz sein kann, denn es geht nicht darum besser vor anderen da stehen zu können.
Woher du diese Kraft für deinen Mut schöpfen willst kann ich dir nicht sagen. Aber ich beziehe sie von Gott, von Jesus Christus. Nur bei ihm habe ich die Anerkennung und bedingungslose Liebe erfahren um die Kraft zu haben mich selbst anzunehmen. Ich bin der Meinung, dass es dafür keine atheistische Lösung gibt. Wir brauchen etwas Höheres, ja Göttliches, das uns innerlich so aufrichten kann, dass wir ein gesunden Selbstwert bekommen.
Quelle: Authentizität, die neue Wissenschaft vom geglückten leben, Stephen Joseph (2016) 2017, Kailash Verlag, München
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