Wie wendet man Gewaltfreie Kommunikation praktisch an? Teil 2 zum Thema Gewaltfreie Kommunikation (GFK): Wie man Beziehungen kommunikativ am Leben hält. Verschiedene Anwendungen der GFK.
Inhalt
1. Gewaltfreie Kommunikation praktisch
1.1. Unserer eigenen Urteilsshow Raum geben
1.2. Verständnis von anderen für unsere Gefühle und Bedürfnisse erhalten
1.3. Zusammenfassung der GFK Schritte
2. Q.O.B.-O.G.E. ein Gewaltfreies Gespräch führen können
2.1. Gewaltfreie Kommunikation von Anja Palitza und Olaf Martke
1. Gewaltfreie Kommunikation praktisch
Um die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) anwenden zu können, müssen wir unsere Bedürfnisse erkennen und benennen können. Wenn wir diese für andere klar formulieren, werden sie vermutlich auch mit grösserem Verständnis reagieren können. Wenn Menschen mit der Denkweise aufgewachsen sind, sich darauf zu fokussieren, was andere falsch machen, ist es schwierig für sie zu spüren, was sie für ihre Bedürfnisse benötigen, geschweige denn einen entsprechenden Wortschatz dafür zu haben. So verschiebt sich die Beurteilung der Aussenwelt hin zur einer Wahrnehmung unseres Selbst, damit wir erkennen was wir brauchen. Erkennt man nun sein Bedürfnis und findet Worte dies auszudrücken, können sich die Betroffenen regelrecht nackt, ev. entlarvt und sehr verletzlich fühlen! Sich zu öffnen und seine Bedürfnisse zu äussern, heisst, sich verletzlich zu machen. Wir sind jetzt überhaupt nicht mehr wütend! Die Wut wurde in Gefühle umgewandelt, die unseren Bedürfnissen nun konstruktiv dienen. Dazu müssen wir zuerst bei uns beginnen, bei unserem Wut-Muster.
1.1. Unserer eigenen Urteilsshow Raum geben
Empathisch zu sein bedeutet nicht, keine gewalttätige Seite zu besitzen. Empathisch sein ist jedoch auch die Entscheidung, die wir bewusst treffen, diese Gewalt nicht auszuführen und uns stattdessen auf den anderen zu konzentrieren. Es stimmt, es bedarf dazu eine Portion Demut in uns, eine wahre Grösse. Es braucht auch einige Momente der Übung dazu. Wenn du in eine Wut-Situation kommst, nimm dir die Zeit, die du dazu brauchst um deinen Automatismus zu durchbrechen. Z. B. durch das berühmte innerliche 1 bis 10 zählen, denn jetzt ist Achtsamkeit gefragt. Dann Antworte so wie du es möchtest.
Etwas passiert und wir registrieren sofort die wütenden Urteilsgedanken in unserem Kopf, die Bilder, Anschuldigungen und Beschimpfungen und lassen sie zu, auch wenn ich äusserlich inne halte. Vielleicht erkenne ich sogar die parallele einer schlechten Kindheitserinnerung die mich da mittriggert. Theoretisch kann ich diese innere Show sogar geniessen, wenn ich will. Es ist destruktiv, wenn ich mich dafür selbst verurteile. Meine Seele durchlebt ja jetzt gerade wieder etwas was sehr real für sie ist oder war. Ich darf auch empathisch zu mir sein.
Dann werde ich mir der Demütigung dahinter bewusst, die Kränkung, die Furcht und Angst davor. Wenn wir zu diesem Schmerz gelangen, gibt es immer eine Entspannung. Ich hole mein Inneres Kind ab, dass verletzt wurde und nehme es ernst.
Erst dann gehe ich zu den Bedürfnisse der anderen Person und sage:
Du bist wütend, weil...
Das hört sich so an, dass du einigen Schmerz empfindest, weil…
1.2. Verständnis von anderen für unsere Gefühle und Bedürfnisse erhalten
Bevor wir unsere Wut vollständig ausdrücken können, wollen wir sicherstellen, dass die andere Person uns versteht. Manchmal möchte man das gar nicht unbedingt und es reicht mit einer Drittperson darüber zu sprechen. Doch will ich von dem anderen richtig gehört werden und Verständnis empfangen, ist der beste Weg unserem Gegenüber zuerst selber Verständnis zu geben, d. h. sich empathisch in ihn einzufühlen. Natürlich ist das nicht so einfach, gerade wenn wir verletzt sind und uns der Schmerz sich nur auf uns konzentrieren lässt! Darum ist das auch eine Übungssache. Jedoch wächst die Wahrscheinlichkeit das die andere Person mir zuhört, wenn ich erst mal ihr zuhöre. Denn das was ich ihr sagen werde, wird vermutlich nicht so einfach für sie anzunehmen sein, aber ich verschaffe ihr die bestmögliche Lage dafür. Immer mit meinem primären Ziel: Selber Verständnis von anderen für unsere Gefühle und Bedürfnisse zu erhalten.
Wir fragen (indirekt) respektvoll: Was fühlst du und was brauchst du? (wir versuchen sein Bedürfnis zu verstehen und es auszusprechen) Dann hören wir erst einmal geduldig zu. Vielleicht habe ich ähnliche Bedürfnisse (denn die sind universell) wie jene die er gerade ausspricht, auch wenn ich nicht dieselben Schlussfolgerungen und Lebensüberzeugungen daraus gezogen habe. Wir müssen hören wollen was sich in im Herzen des anderen abspielt und nicht das in seinem Kopf.
Wir müssen seinen Schmerz respektvoll hören wollen, damit er nachher sieht was sich in mir abspielt. Wenn er sich so verhaltet oder so etwas sagt, dann möchte ich auch von ihm respektiert werden. Menschen können anderen nicht zuhören, wenn sie selbst einen Sturm der Gefühle in sich tragen. Der muss zuerst raus, damit sie selbst wieder offen werden für andere.
Und erst dann, wenn der andere fertig ist, sage objektiv und bewertungsfrei was die Handlung/Gesprochene in dir ausgelöst hatte. Wenn du sichergehen willst, dass dein Schmerz verstanden wurde, lasse es denn anderen wiederholen. Und mache deutlich, dass es dir nicht um Anklage geht, oder um Recht zu haben. Dir geht es darum, dass dein Schmerz verstanden wird!
Es kann für ihn zu einfach sein. Menschen die urteilen sind sich nicht gewohnt über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, weil sie immer alles bewerten müssen und darum in Schuld und Unschuld, in Recht und Unrecht denken. Solange der andere Anschuldigungen hört oder sich sogar entschuldigt, solange hat er dein Schmerz noch nicht verstanden und es ermutigt ihn nicht sein Tun zu ändern, darum bleibe da hartnäckig. Es geht nicht darum, dass er hört, etwas Falsches gemacht zu haben, dass muss auch uns klar sein. Wir brauchen nicht die Zustimmung, jedoch die Gewissheit, dass der andere versteht, was für ein Schmerz in meinem Herzen ist, welches Bedürfnis da ist, wenn er so handelt oder spricht. Er muss mir also nicht zustimmen, aber die Konsequenz begreifen, nur so kann er im besten Fall die aufrichtige Motivation finden sich zu ändern und zwar aus echter Überzeugung oder von Herzen, aus freiem Willen.
1.3. Zusammenfassung der GFK Schritte
Darum sind diese 6 Schritte so wichtig. Wir vollziehen sie innerlich ohne uns laut zu artikulieren und unterlassen es den anderen zu beschuldigen oder zu bestrafen. Wir müssen einfach schweigen und uns auf uns selbst konzentrieren: Dazu dürfen wir gerne um Gottes Stille oder Ruhe bitten!
1. Wut zulassen, aber Mund halten (innerlich auf 10 zählen)
2. Still werden und über uns nachdenken (was sage ich zu mir selbst? Eigene Urteilsshow)
Auslöser erkennen, was hat der andere gemacht, was ist passiert?
Eigene innere Bilder/Beurteilung erkennen, die tatsächliche Ursache der Wut sind
Verurteilende Bilder in Bedürfnisse umwandeln, Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse hinter den Urteilen lenken
Ab hier formulieren wir:
3. Wir fragen (indirekt): Was fühlst du und was brauchst du?
4. Zuhören (wir versuchen sein Bedürfnis zu verstehen und es auszusprechen)
Ab hier bleiben immer bei uns (ICH-Form, keine DU-Sätze):
5. Mitteilen in GFK-Sätze meine Wahrnehmung, Verletzung, Bedürfnis und Wunsch/Bitte
6. Sicherstellen, dass er unseren Schmerz verstanden hat
2. Q.O.B.-O.G.E. ein Gewaltfreies Gespräch führen können
Dies ist nochmals eine ähnliche Version der GFK. Diese 6 Buchstaben stehen für die 6 Punkte für ein Gewaltfreies Gespräch. Mit 1.-3. verschaffen die nötige Atmosphäre und mit 4.-6. die Umsetzung für gewaltfreie Kommunikation:
Quelle des Problems adressieren
Ort und Gelegenheit beachten
freundliche Begegnung ermöglichen (mit Namen ansprechen + ehrliches Kompliment)
Objektivität beim Verletzungspunkt
Gefühle benennen (nicht den Ärger)
Enttäuschung formulieren
Als Quelle wird die Person bezeichnet, die die Quelle des Problems ist (Auslöser), oder die Möglichkeit birgt den Konflikt zu lösen. Wir müssen den Urheber der Verletzung adressieren, sonst verpufft unser Ärger ins Nichts und wir können nur schlecht Frieden finden. Es bringt nichts sich bei einer guten Freundin auszuheulen oder zu beklagen, die gemeine Art des Chefs wird sich dadurch nur wenig ändern. Das ist natürlich schwieriger und braucht mehr Mut, doch mit gewaltfreier Kommunikation bieten wir gar keinen Anlass der uns ängstigen müsste.
Im Gegenteil, wir lassen die andere Person wissen, dass sie uns mit ihrem Verhalten negative Gefühle beschert. Wir geben ihr die Chance sich im Umgang mit uns zu verbessern. In den allermeisten Fällen wollen andere Menschen nicht einfach so verletzend sein, wirklich nicht. Vorausgesetzt sie wurden vorgängig nicht von uns bereits verletzt.
Achten sie auf einen privaten Rahmen (Ort) und einen ruhigen Zeitpunkt. Natürlich gibt es keine perfekten Zeitpunkte, aber wenn du eine potentiell Stressverursachende Situation erzeugen könnten, ist es kontraproduktiv, in einer bereits stressigen Zeit mit deinem Anliegen zu kommen. Logisch, aber nicht immer so einfach machbar. Aber, dass öffentliche Blossstellung und Hektik nicht unser Ziel sein kann, muss trotzdem kurz erwähnt sein, denn verletzte Gefühle wollen sich nicht selten rächen und demütigen. Doch in diesem Fall wollen wir etwas vom andern und zwar Gehör und möglicherweise sogar Versöhnung. Darum ist es in unserem Interesse, dass der die Voraussetzung dafür findet. Wer echten Respekt bekommen will, respektiert den anderen und sich selbst.
Die freundliche Begegnung ist zwar selbsterklärend, jedoch im Hoch und Tief verletzter Emotionen natürlich nicht so einfach. Da zeigt sich erst die wahre Kunst von Freundlichkeit. Es ist nicht schwer zu Menschen freundlich zu sein, die es auch zu uns sind. Freundlich zu sein zu denjenigen, die es nicht sind und es scheinbar nicht verdient haben, ist Gnade, Güte oder Sanftmut. Wir dürfen nie vergessen, dass wir nicht diejenigen sind, die verurteilen dürfen, wir sind keine ernannte Richter. Es geht nicht darum den anderen freundlich anzulächeln, während wir verletzt werden, aber versuchen anständig zu bleiben, verhilft dem anderen unser Anliegen wesentlich besser anzunehmen, sowie unsere Würde zu bewahren. Das ist wahre Grösse und das ist es ja, was wir (hoffentlich) wollen.
Um die volle Aufmerksamkeit des anderen zu ergattern, spreche seinen Namen aus! Auf den eigenen Namen reagieren wir immer («Cocktailparty-Phänomen») und überall, selbst auf einer lauten Cocktailparty. Dann ist es wichtig, dass du ihm ein paar freundliche Worte sagst, die unbedingt wahr sein müssen, sage was du wirklich an der Person schätzt oder bewundernswert findest. Damit öffnest du die Tür, dass dein Anliegen angenommen wird. Das schaffst du!
Für Objektivität benennen wir die genaue Verhaltensweise die verletzend war. Dabei bleibe sachlich und möglichst präzise dabei, was vorgefallen ist, ohne nur den Hauch einer moralischen Wertung!
Danach spreche von deinen Gefühlen, die die Verletzung in dir ausgelöst hatte und nicht vom Ärger! Ärger ist kein Gefühl das deeskalierend wirkt, auch wenn es dich möglicherweise wirklich wütend gemacht hat. Spreche vom tieferen Gefühl, dem Gefühl was dich überhaupt zum Wütig-sein veranlasst hat. Meist sind das eher Traurigkeit, Ablehnung, Beschämung, Respektlosigkeit, Enttäuschung, etc. Bleibe dabei ganz bei dir, kein Wort über den anderen (Angriff).
Wirklich effektiv wird es erst, wenn du noch ausführst welche Erwartung oder Hoffnung der andere in dir enttäuscht hat. Du sagst damit nicht nur was du brauchst, welche Bedürfnisse mit Füssen getreten wurden, sondern auch was du dem anderen auch zutraust! Jemand der dich mit Respektlosigkeit verletzt hat, kann nur jemand sein, dem du den Umgang mit Respekt auch zugetraut hast, sonst hättest du es von ihm gar nicht erwartet und es hätte dich wahrscheinlich weniger verletzt. Das ist ein indirektes Kompliment!
2.1. Gewaltfreie Kommunikation von Anja Palitza und Olaf Martke
In der Gewaltfreie Kommunikation von Anja Palitza und Olaf Martke, habe ich folgende Zusammenfassung auch für den Zuhörer gefunden, wo der Fokus beschrieben wird, wie wir einfühlend Zuhören und spiegeln können, was wir vom anderen wahrnehmen:
Sachliche und objektiv die Beobachtung formulieren ohne versteckte Urteile, Bewertung oder Interpretation für den Auslöser, den wir vermuten: Wenn Du siehst/hörst/wahrnimmst/daran denkst…
Sagen was man vermutet, was der andere fühlen könnte, in Bezug zur Beobachtung (mit Emotionen und nicht mit Worten die wie Gefühle klingen, aber eher sagen was er denken könnte): Fühlst Du (Dich)… / Bist Du (Gefühlswort)…
Erkläre deine Vermutung zur Ursache für sein Gefühl, das Bedürfnis das (nicht) erfüllt wurde, ohne jemand anderen dafür verantwortlich zu machen, denn für eigene Gefühle ist jeder selbst verantwortlich: weil Du… brauchst / weil Dir… wichtig ist / weil Dir am Herzen liegt…
Versuche zu erfassen, was Du nun für die Person ganz konkret tun könntest um ihr Bedürfnis zu stillen, teile ihr das mit und lasse Dir selbst die Wahl zu entscheiden: und Du würdest Dir von mir wünschen… / und Du fragst Dich, ob ich… / und Du möchtest, dass ich…
Fazit:
Wenn Du siehst/hörst/wahrnimmst/daran denkst…
Fühlst Du (Dich)… / Bist Du (Gefühlswort)…
weil Du… brauchst / weil Dir… wichtig ist / weil Dir am Herzen liegt…
und Du würdest Dir von mir wünschen… / und Du fragst Dich, ob ich… / und Du möchtest, dass ich…
Wir müssen die gewaltfreie Kommunikation nicht in jeder Gegebenheit anwenden. Es erfordert doch einen gewissen Einsatz unsererseits. Dies nun zu einem Lebensmantra zu machen, gelingt möglicherweise Gandhi oder Mutter Theresa, doch da wir nicht alle Gandhis und Theresas sind, können wir es einfach als ein punktuelles Werkzeug nutzen. Viel wichtiger als den permanenten Einsatz von Werkzeugen ist Prävention, also das Stärken von Beziehungen durch einfaches Präsent-sein. Dazu helfen uns auch die Fragen nach ELSE im nächsten Kapitel.
3. Die Fragen nach ELSE (von Stuart und Lieberman)
Manchmal hat man nicht immer die Zeit jemandem stundenlang zuzuhören, möchte ihm aber trotzdem eine ermutigendes Gegenüber sein, besonders wenn der andere verzweifelt ist. Dazu helfen die Fragen nach ELSE, eine Methode von Stuart und Lieberman.
Zuerst kommt immer die Frage: Was ist passiert? Dazu muss man nun von der fragenden Seite gar nicht zu sehr ins Detail gehen, sondern lässt sich ca. 3 Min. vom Gegenüber schildern was vorgefallen ist. Die einzige Aufgabe die wir nun haben ist zuzuhören. Danach folgt ELSE:
Was ist passiert? 3 Min. zuhören
Emotionen Raum geben: Was hast du dabei empfunden?
Lass mich das Schwierigste wissen: Was war das Schwierigste?
Standhalten/Durchhaltungskraft: Was hilft ihnen am meisten standzuhalten?
Empathie zeigen: Mein Mitgefühl ausdrücken
Das Wesentliche in unserem Erleben sind nie die Fakten, sondern die Gefühle, unsere Emotionen. Deshalb folgt als nächste Frage: Was hast du dabei empfunden? Die Frage mag manchmal banal, überflüssig, ja vielleicht sogar sehr deplatziert erscheinen, doch sie ist ungemein wichtig. Gefühle sind Werkzeuge der Seele, meist sind sie Ausdruck und Informationsmittel. Auch wenn die Gefühle offensichtlich erscheinen, wenn man sie erst mal thematisiert und benennt, bekommen sie den Raum den sie brauchen. Es erschafft Erleichterung die Empfindungen aussprechen zu können. Die Seele braucht es gehört zu werden.
Nur wenn wir über das Schlimmste am Ganzen reden und ins Zentrum des Schmerzes vordringen, kann man das Problem an der Wurzel ergreifen. Was war das Schwierigste für Sie? Diese Frage ist nicht unhöflich oder forsch, auch wenn sie sehr direkt ist. Wenn wir mal erkennen was das Hauptproblem ist, haben wir vielleicht nicht gerade eine Lösung, aber wir thematisieren woher unser Schmerz kommt. Wenn wird dann für das Schlimmste sogar noch eine Lösung haben, ist alles nur noch halb so schlimm!
Nachdem die Gefühle sich Raum verschaffen konnten, müssen wir die Energie auf die Hauptursache mobilisieren. Was hilft ihnen am meisten standzuhalten? Wir könnten auch fragen: Was hilft ihnen am meisten durchzuhalten? Das ist eine Frage nach den persönlichen Ressourcen.
Als Helfer muss man die Probleme der Menschen nicht für sie lösen, sondern ihnen helfen zu erkennen, wie sie sich selber helfen könnten. Wir fragen also nach ihren Möglichkeiten, wenn sie gar nicht mehr den Blick dafür haben. Als Helfer müssen wir begleiten und vermitteln das wir da sind, dass der andere weiss, er ist nicht alleine mit seinem Problem. Aber dabei bleibt es sein Problem. Wir schenken Trost beim Tragen, aber nehmen ihm die Last nicht ab. Auch wenn sie ihm zu schwer ist, muss er es sein, der sie ablegt, wir nehmen ihm nichts weg. Das bewahrt nicht nur die Würde der einzelnen, sondern stärkt auch das Selbstvertrauen, die eigene Widerstandskraft des Ratsuchenden in sich selbst und ermutigt ihn für neue persönliche Hoffnung, wenn alles so verloren scheint. Dieses Selbstvertrauen, die die Menschen so entwickeln können, schützt sie dann auch längerfristig vor Ängsten und Depressionen.
Es ist wirklich übergriffig einem anderen sein Problem wegzunehmen! Wenn wir für andere Probleme lösen, geben wir ihnen das Gefühl von Unzulänglichkeit und Unfähigkeit. Sie können nicht wachsen, stark werden und es beschämt sie sogar möglicherweise. Zudem sind wir Menschen alle anders. Jeder hat ein anderes Mass für Belastung, sein ganz eigenes Repertoire um mit Problemen und Herausforderungen fertig zu werden. Und er kann damit fertig werden, als Helfer müssen wir ihn darin unbedingt bestärken! Jeder ist einzigartig und daher unsere Probleme auch, das ist gut so. Die Probleme anderer können auch nur sie lösen, wenn sie denn wollen.
Empathie ist Einfühlungsvermögen, eine Fähigkeit für Mitgefühl. Diesem Mitgefühl können wir ganz persönlich Ausdruck verleihen indem wir ehrlich Ausdrücken, was wir beim Zuhören empfunden haben. So bekommt das Gegenüber den Eindruck mit seinem Problem und Schmerz wenigstens für einen Moment nicht ganz so alleine zu sein.
Quelle: David Servan-Schreiber, Die neue Medizin der Emotionen, Stress, Angst, Depression: Gesund werden ohne Medikamente, goldmann-verlag, 2006, München, original 2003; Gewaltfreie Kommunikation, Projekt Giraffenkinder, S. 47, Anja Palitza, Olaf Martke, 2010-2015, www.gewaltfrei-führen.de; Was deine Wut dir sagen will. Überraschende Einsichten, Marschall B. Rosenberg, Hörbuch, 13.12.10, steinbach sprechende bücher
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